Charly hat gerade aus meiner Kaffeetasse getrunken. Und er wollte sogar noch mehr. Ich hoffe, dass das Koffein für ihn nicht schädlich ist. Man kann diesen Vogel echt keine Sekunde aus den Augen lassen.
Mittlerweile frisst er mir aus der Hand.
Das kam sehr plötzlich, dass er mir so vertraut hat. Er hatte sich nämlich mit den Krallen in einem Wollfaden verheddert, den Kara rumliegen lassen hat.
Der Faden war um beide Beine gewickelt, und er machte es durch Zupfen nur noch schlimmer.
Ich musste ihn daher einfangen und meine Mutter musste ihn festhalten, während ich die Fäden entfernte. Was er natürlich als sehr stressig empfand. Bei der Gelegenheit habe ich auch seine überlangen Krallen gekürzt.
Ich dachte "Jetzt hasst der Vogel mich auf Lebzeiten."
Aber das Gegenteil war der Fall. An dem Abend hat er mir das erste Mal aus der Hand gefressen. Offenbar hat er verstanden, dass ich ihm geholfen habe, obwohl das für ihn eine extrem stressige Prozedur war. Das zeigt wie schlau Vögel sind, und wie gut sie abstrahieren können. Ein einfach gestricktes Tier hätte nur sich daran erinnert, dass ich es eingefangen, festgehalten und an den Krallen herumgeschnibbelt habe. Aber Charly konnte offenbar zwischen seinen Stress und dem positiven Resultat der Behandlung trennen, und hat meine guten Absichten darin erkannt.
Seitdem die Krallen gekürzt sind (sie müssten eigentlich noch kürzer, aber die Blutgefäße waren so weit reingewandert), flitzt Charly zu Fuß mit einem Affentempo durch die Gegend.
Und er kann auch endlich entspannt auf einer Stange sitzen. Vorher haben sich die hinten Krallen offenbar in seinen Bauch gebohrt, wenn er sich tief hinsetzen wollte.
Ich befinde mich in einem echten Dilemma. Ich habe einen Züchter gefunden, der mir einen zweiten Maina verkaufen würde. Dann wäre Charly nicht mehr alleine.
ABER ich will eigentlich keine Vogelzucht unterstützen. Auf der anderen Seite gibt es Haubenmainas nur selten auf anderem Wege.
Etwas warte ich noch mit der Entscheidung und suche weiter nach Alternativen. Ansonsten muss ich wohl einen kaufen.
Und mein noch namenloser, einäugiger Spatz sollte auch nicht alleine bleiben. Zum Glück sind Hausspatzen die häufigsten Wildvögel, die in Pflege bleiben müssen.
Vielleicht findet sich ja ein zweiter für eine Behinderten-WG.