06.06.2019 01:32
Falls ihr mal 1,5 Stunden Zeit habt - hier zwei sehr interessante Dokus à 45 min. über Jungs und Mädchen. Ich poste mal hier rein, weil ich keinen passenderen Thread gefunden habe.
Beide Male dasselbe Big-Brother-Prinzip: Eine reine Gruppe Jungs bzw. Mädchen im Alter von 11 und 12 Jahren bezieht für eine Woche ein Haus. Es ist alles erlaubt, weit und breit keine Eltern. Nur das Kamerateam und psychologische Betreuer für den Fall der Fälle. Die Dokus ergründen, wie eigenständig die Kinder das Zusammenleben gestalten können.
Ich bin zuerst über die Doku mit den Jungs gestolpert und bin dann sofort dem Link zur Mädchen-Doku gefolgt. Aus Elternperspektive sind mir Mädchen nun viel lieber. Und ich war überrascht über mich selbst, wie goldrichtig ich mit meinen Erwartungen über das unterschiedliche Verhalten der Geschlechtergruppen lag.
Mit über zehn Jahren sind die Kinder natürlich schon sehr vorgeprägt. Dennoch finde ich die Dokus ziemlich aussagekräftig. Wir werden jetzt nicht herausfinden, ob Jungs generell gewalttätiger sind oder Mädchen sich prinzipiell mehr für schöne Dinge begeistern und deshalb so viel besser malen, schminken und singen können.
Aber offensichtlich wird hier, dass Mädchen in diesem Alter viel reifer sind. Die Mädchengruppe hatte zwar ebenso Konflikte und sorgte für riesiges Chaos. Aber sie konnte ihre Probleme viel besser lösen und verursachte von vornherein nicht solch enormen Schaden. In beiden Gruppen erklärten einzelne Kinder zum Ziel, über die Woche angestauten Frust herauszulassen. Alle Kinder kamen natürlich mit einer Vorgeschichte ins Haus - davon ist das Experiment natürlich einseitig vorbelastet. Die Außenwelt kann man eben nicht ausblenden. Bei den Jungs war es Michael, bei den Mädchen Shady (?). Die hauten so richtig auf die Kacke und belasteten sehr die gesamte Gruppe. Michael war ungleich schlimmer. Er zertrümmerte vorsätzlich das ganze Haus. Ich dachte mir so meine Gründe.
Erstaunlich fand ich dann, wie viel eine höhere Reife bei der Konfliktlösung ausmacht. Intellektuell und emotional waren die Mädchen schlichtweg weiter. Sie bemutterten sich gegenseitig - die Jungs wählten als Allererstes einen Führer. Die Mädchen nahmen auch mehr auf sich selbst Acht. So erkläre ich mir die vorzeitigen Ausstiege der zwei Mädchen. Von den Jungs ging keiner - man aß den Frust in sich hinein. Die Mädchen entschieden im Grunde souverän, als sie nach wenigen Tagen das Haus verließen. Auf jeden Fall hören Mädchen besser auf ihre Gefühle. Das Experiment beantwortet nicht, ob sie es rein biologisch besser können oder als Mädchen schlichtweg dürfen.
Weil das Experiment solche Einsichten nicht ermöglicht, dachte ich für einen Moment, dass es das als 18-Jahres-Experiment geben sollte. Ein Herr-der-Fliegen-Big-Brother. Dann wüsste man eher, ob Mädchen biologisch dazu verdammt sind, sich zu schminken und Modelwettbewerbe auszurichten und Jungs aufgrund ihrer Gene in der Überzahl zerstörerische, durchschnittlich emotionale Hohlköpfe sind, die sich nur in führungsorientierten Hackordnungen organisieren, an die sie sich selbst keine drei Tage halten. Mir drängten sich bei der Jungs-Doku seltsamerweise Vergleiche zur internationalen politischen Lage auf. Die läuft doch genau so ab!
Regelrecht fasziniert war ich davon, wie genial die Mädchen schon kochen konnten, wie fürsorglich manche sich gleich am ersten Tag einsetzten und wie robust sie sich organisierten. Die Spiele liefen viel geordneter ab, waren überhaupt formal viel komplexer. Sie organisierten wie selbstverständlich Schminksessions, Model- und Gesangswettbewerbe, bei denen es auch noch was zu gewinnen gab.
Allerdings glaube ich, dass die konkrete Form hier anerzogen ist. Würde man Mädchen in unserer Gesellschaft Traktorrennen beibringen, hätten sich die Mädchen Traktoren gebastelt und Traktorrennen veranstaltet. Aber die Kapazität, mit welcher sie Form/Ritual/Konzept - des Inhalts ungeachtet - ausfüllten, hätten die Jungs niemals aufbringen können. Ihnen fehlt dazu einfach die geistige Reife. Was für eine Katastrophe das gemeinsame Essen war - zwei Jungs drängten es der Gruppe auf. Bei den Mädchen waren einfach alle so weit, gemeinsames Essen, das sich jedoch jeder ein bisschen selbst zubereitet, zu veranstalten.
Aufgrund dieser Doku glaube ich sagen zu können, dass Mädchen zum einen früher selbständig sein können und unsere Gesellschaft zum anderen Mädchen praktischere Dinge beibringt. Für Mädchen ein Doppelbonus, für Jungs ein Doppelminus. Drei Jungs hatten gerade einmal das Zelten als Form des Kennenlernens entdeckt. Das kennt man ja wohl von woher. Im Zelt-/Ferienlager, bei den Pfadfindern, da wird einem diese symbolische Form vorgelebt. Das haben diese Jungs sicher auch nur gemacht, weil sie das aus ihrer vorangegangenen Sozialisation kannten. Hier trafen einfach zwei im Grunde ziemlich verschiedene Jungs aufeinander, die aber auf dasselbe im Vorfeld erworbene Skript zugreifen konnten. Es ist schon schade, wenn das alles ist, was Jungs bis dahin lernen mussten - oder können sie nicht mehr lernen?
Was das Aufräumen angeht, war ja ziemlich klar: Das können Kinder in dem Alter halt noch nicht wirklich. Auch hier haben sich die Mädchen besser angestellt. Wie bei Einzug sah das Haus trotzdem nicht aus. Aufräumen können Kinder ihr Zimmer wohl erst ab einem gewissen Alter in einem nennenswerten Maße. Vorher sollten Eltern diese Aufgabe dann auch nicht von ihnen verlangen. Immer zetern Eltern, weil ihre Kinder nicht richtig aufräumen. Ist doch unnötig sich aufzuregen, falls Kinder kognitiv einfach noch nicht zu befriedigenden Ergebnissen in der Lage sind.
Dass Wände für absolut ALLE Kinder Leinwände sind, fand ich am lustigsten. Beide Gruppen mussten unbedingt die Wände bemalen. Die Mädchen - wohl aufgrund der besseren Erziehung und der höheren Reife - brachten auch wirklich tolle Malereien zustande. Die Jungen haben die Wände einfach mal komplett ramponiert. Das sah gar nicht gut aus. Sie konnten es wohl einfach nicht besser. Ob man es ihnen nicht besser beibringen will oder kann - diese Frage bleibt eben wieder offen. Aber auch künstlerisches Ausdrucksvermögen hängt - neben motorischem Geschick - von der geistigen Reife ab. Den gleichaltrigen Kolleginnen sind sie sicher nicht gewachsen.
Die Konfliktkompetenz, möchte ich abschließend sagen, brach bei beiden Gruppen immer wieder ins Bodenlose ein. Man sah richtig, was die Kinder an Ballast mitbrachten. Manche Jungs hatten ordentliche Lösungskompetenzen. Bei den Mädchen stach insbesondere eines hervor, aber insgesamt schienen alle etwas besser darin zu sein.
Letztendlich war die Mädchengruppe natürlich viel angenehmer und sympathischer. Aufgrund der höheren Reife wirkte sie mir als Erwachsenem viel näher. Aber da ich nie Teil einer Mädchengruppe war, hatte ich immer nur die Draufsicht. Ich konnte meine Beobachtungslücken viel schlechter füllen, offene Fragen viel schlechter eigenständig beantworte. Anders eben bei den Jungs. Weil ich Jungscliquen halt kenne, fühlte sich die Jungs-Doku irgendwie familiärer für mich an. Ich konnte die Geschehnisse viel besser von innen heraus nachvollziehen und das manchmal beinahe soziopathische und aggressive Verhalten war mir sogar angenehmer, weil es mich leicht nostalgisch machte.
Und das hat mir gezeigt, wie sehr Geschlechterdialog noch nötig ist. Denn dass mir die Welt der Mädchen so fremd bleibt und disruptive Beziehungen sich anfühlen wie ein bequemes Wohnzimmer, rührt ja wohl von sehr unausgeglichenen und gestörten Verhältnissen her. Aber ich glaube, dieses Verhältnis kennen die meisten so. Und man nimmt es eben hin, weil man es nicht anders kennt. Wir als Gesellschaft sollten unbedingt an einem intensiveren Austausch arbeiten, der die unterschiedlichen Lebenswelten versöhnt und bedenkliche Extreme glättet.
Eine dritte Doku mit einer gemischten Gruppe - fünf Jungs, fünf Mädchen - hätte man noch machen sollen. Aber mit einem großen Schlafzimmer, damit sich nicht schon durch die Betteneinteilung am ersten Tag gleichgeschlechtliche Gruppen bilden?
Beide Male dasselbe Big-Brother-Prinzip: Eine reine Gruppe Jungs bzw. Mädchen im Alter von 11 und 12 Jahren bezieht für eine Woche ein Haus. Es ist alles erlaubt, weit und breit keine Eltern. Nur das Kamerateam und psychologische Betreuer für den Fall der Fälle. Die Dokus ergründen, wie eigenständig die Kinder das Zusammenleben gestalten können.
Ich bin zuerst über die Doku mit den Jungs gestolpert und bin dann sofort dem Link zur Mädchen-Doku gefolgt. Aus Elternperspektive sind mir Mädchen nun viel lieber. Und ich war überrascht über mich selbst, wie goldrichtig ich mit meinen Erwartungen über das unterschiedliche Verhalten der Geschlechtergruppen lag.
Mit über zehn Jahren sind die Kinder natürlich schon sehr vorgeprägt. Dennoch finde ich die Dokus ziemlich aussagekräftig. Wir werden jetzt nicht herausfinden, ob Jungs generell gewalttätiger sind oder Mädchen sich prinzipiell mehr für schöne Dinge begeistern und deshalb so viel besser malen, schminken und singen können.
Aber offensichtlich wird hier, dass Mädchen in diesem Alter viel reifer sind. Die Mädchengruppe hatte zwar ebenso Konflikte und sorgte für riesiges Chaos. Aber sie konnte ihre Probleme viel besser lösen und verursachte von vornherein nicht solch enormen Schaden. In beiden Gruppen erklärten einzelne Kinder zum Ziel, über die Woche angestauten Frust herauszulassen. Alle Kinder kamen natürlich mit einer Vorgeschichte ins Haus - davon ist das Experiment natürlich einseitig vorbelastet. Die Außenwelt kann man eben nicht ausblenden. Bei den Jungs war es Michael, bei den Mädchen Shady (?). Die hauten so richtig auf die Kacke und belasteten sehr die gesamte Gruppe. Michael war ungleich schlimmer. Er zertrümmerte vorsätzlich das ganze Haus. Ich dachte mir so meine Gründe.
Erstaunlich fand ich dann, wie viel eine höhere Reife bei der Konfliktlösung ausmacht. Intellektuell und emotional waren die Mädchen schlichtweg weiter. Sie bemutterten sich gegenseitig - die Jungs wählten als Allererstes einen Führer. Die Mädchen nahmen auch mehr auf sich selbst Acht. So erkläre ich mir die vorzeitigen Ausstiege der zwei Mädchen. Von den Jungs ging keiner - man aß den Frust in sich hinein. Die Mädchen entschieden im Grunde souverän, als sie nach wenigen Tagen das Haus verließen. Auf jeden Fall hören Mädchen besser auf ihre Gefühle. Das Experiment beantwortet nicht, ob sie es rein biologisch besser können oder als Mädchen schlichtweg dürfen.
Weil das Experiment solche Einsichten nicht ermöglicht, dachte ich für einen Moment, dass es das als 18-Jahres-Experiment geben sollte. Ein Herr-der-Fliegen-Big-Brother. Dann wüsste man eher, ob Mädchen biologisch dazu verdammt sind, sich zu schminken und Modelwettbewerbe auszurichten und Jungs aufgrund ihrer Gene in der Überzahl zerstörerische, durchschnittlich emotionale Hohlköpfe sind, die sich nur in führungsorientierten Hackordnungen organisieren, an die sie sich selbst keine drei Tage halten. Mir drängten sich bei der Jungs-Doku seltsamerweise Vergleiche zur internationalen politischen Lage auf. Die läuft doch genau so ab!
Regelrecht fasziniert war ich davon, wie genial die Mädchen schon kochen konnten, wie fürsorglich manche sich gleich am ersten Tag einsetzten und wie robust sie sich organisierten. Die Spiele liefen viel geordneter ab, waren überhaupt formal viel komplexer. Sie organisierten wie selbstverständlich Schminksessions, Model- und Gesangswettbewerbe, bei denen es auch noch was zu gewinnen gab.
Allerdings glaube ich, dass die konkrete Form hier anerzogen ist. Würde man Mädchen in unserer Gesellschaft Traktorrennen beibringen, hätten sich die Mädchen Traktoren gebastelt und Traktorrennen veranstaltet. Aber die Kapazität, mit welcher sie Form/Ritual/Konzept - des Inhalts ungeachtet - ausfüllten, hätten die Jungs niemals aufbringen können. Ihnen fehlt dazu einfach die geistige Reife. Was für eine Katastrophe das gemeinsame Essen war - zwei Jungs drängten es der Gruppe auf. Bei den Mädchen waren einfach alle so weit, gemeinsames Essen, das sich jedoch jeder ein bisschen selbst zubereitet, zu veranstalten.
Aufgrund dieser Doku glaube ich sagen zu können, dass Mädchen zum einen früher selbständig sein können und unsere Gesellschaft zum anderen Mädchen praktischere Dinge beibringt. Für Mädchen ein Doppelbonus, für Jungs ein Doppelminus. Drei Jungs hatten gerade einmal das Zelten als Form des Kennenlernens entdeckt. Das kennt man ja wohl von woher. Im Zelt-/Ferienlager, bei den Pfadfindern, da wird einem diese symbolische Form vorgelebt. Das haben diese Jungs sicher auch nur gemacht, weil sie das aus ihrer vorangegangenen Sozialisation kannten. Hier trafen einfach zwei im Grunde ziemlich verschiedene Jungs aufeinander, die aber auf dasselbe im Vorfeld erworbene Skript zugreifen konnten. Es ist schon schade, wenn das alles ist, was Jungs bis dahin lernen mussten - oder können sie nicht mehr lernen?
Was das Aufräumen angeht, war ja ziemlich klar: Das können Kinder in dem Alter halt noch nicht wirklich. Auch hier haben sich die Mädchen besser angestellt. Wie bei Einzug sah das Haus trotzdem nicht aus. Aufräumen können Kinder ihr Zimmer wohl erst ab einem gewissen Alter in einem nennenswerten Maße. Vorher sollten Eltern diese Aufgabe dann auch nicht von ihnen verlangen. Immer zetern Eltern, weil ihre Kinder nicht richtig aufräumen. Ist doch unnötig sich aufzuregen, falls Kinder kognitiv einfach noch nicht zu befriedigenden Ergebnissen in der Lage sind.
Dass Wände für absolut ALLE Kinder Leinwände sind, fand ich am lustigsten. Beide Gruppen mussten unbedingt die Wände bemalen. Die Mädchen - wohl aufgrund der besseren Erziehung und der höheren Reife - brachten auch wirklich tolle Malereien zustande. Die Jungen haben die Wände einfach mal komplett ramponiert. Das sah gar nicht gut aus. Sie konnten es wohl einfach nicht besser. Ob man es ihnen nicht besser beibringen will oder kann - diese Frage bleibt eben wieder offen. Aber auch künstlerisches Ausdrucksvermögen hängt - neben motorischem Geschick - von der geistigen Reife ab. Den gleichaltrigen Kolleginnen sind sie sicher nicht gewachsen.
Die Konfliktkompetenz, möchte ich abschließend sagen, brach bei beiden Gruppen immer wieder ins Bodenlose ein. Man sah richtig, was die Kinder an Ballast mitbrachten. Manche Jungs hatten ordentliche Lösungskompetenzen. Bei den Mädchen stach insbesondere eines hervor, aber insgesamt schienen alle etwas besser darin zu sein.
Letztendlich war die Mädchengruppe natürlich viel angenehmer und sympathischer. Aufgrund der höheren Reife wirkte sie mir als Erwachsenem viel näher. Aber da ich nie Teil einer Mädchengruppe war, hatte ich immer nur die Draufsicht. Ich konnte meine Beobachtungslücken viel schlechter füllen, offene Fragen viel schlechter eigenständig beantworte. Anders eben bei den Jungs. Weil ich Jungscliquen halt kenne, fühlte sich die Jungs-Doku irgendwie familiärer für mich an. Ich konnte die Geschehnisse viel besser von innen heraus nachvollziehen und das manchmal beinahe soziopathische und aggressive Verhalten war mir sogar angenehmer, weil es mich leicht nostalgisch machte.
Und das hat mir gezeigt, wie sehr Geschlechterdialog noch nötig ist. Denn dass mir die Welt der Mädchen so fremd bleibt und disruptive Beziehungen sich anfühlen wie ein bequemes Wohnzimmer, rührt ja wohl von sehr unausgeglichenen und gestörten Verhältnissen her. Aber ich glaube, dieses Verhältnis kennen die meisten so. Und man nimmt es eben hin, weil man es nicht anders kennt. Wir als Gesellschaft sollten unbedingt an einem intensiveren Austausch arbeiten, der die unterschiedlichen Lebenswelten versöhnt und bedenkliche Extreme glättet.
Eine dritte Doku mit einer gemischten Gruppe - fünf Jungs, fünf Mädchen - hätte man noch machen sollen. Aber mit einem großen Schlafzimmer, damit sich nicht schon durch die Betteneinteilung am ersten Tag gleichgeschlechtliche Gruppen bilden?
Überwinde den Schmalzkringel und zähme den Donut.